Rezension zu:

Siegel, Siglinde Anne: Darf Pflege(n) Spaß machen? Humor im Pflege- und Gesundheitswesen: Bedeutung, Möglichkeiten und Grenzen eines außergewöhnlichen Phänomens, Freiburger Schriften, Freiburg 2005, 96 S., ISBN 3-89993-141-6

Preis: 22,90 €.

Schlüsselbegriffe:

Humor und Fröhlichkeit in der Pflege – im Umgang mit allen Altersstufen

Zielgruppe:

Pflegende, Angehörige, sowie alle, die ihren Blick auf den Umgang mit (schweren) Erkrankungen und die Pflege erweitern wollen

Das Wichtigste in Kürze:

Humor in der Pflege als Methode zur Gesundheitsförderung. Seinen Nutzen und seine Notwendigkeit arbeitet die Autorin in ihrer wissenschaftlich fundierten Arbeit heraus und öffnet damit den Blick auf andere Disziplinen und Sichtweisen.

Besprechung:

Eine Vielzahl Pflegender gerät immer wieder an die Grenzen ihrer Kraft. Sie haben „wenig zu lachen“ aber viel zu tun. Das muss nicht so bleiben, denn das Lachen erleichtert nicht nur ihre Arbeit sondern vielfach auch die Situation ihrer Patienten.

Siglinde Anne Siegel ist es gelungen, ein Buch zu verfassen, das nicht nur von Freude und Spaß berichtet, sondern selbst Spaß macht. Sie vollzieht nach theoretischen Überlegungen zum Humor und seinen Funktionen unterschiedliche Möglichkeiten der Implementierung von Humor in der Pflege als bewussten Prozess des aufeinander zu Gehens nach. „Der Humor hat als soziales Phänomen einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die zwischenmenschliche Kommunikation.“ (27) Sofern die Kommunikationssituation klar ist, d.h. wenn der humorvolle Umgang einer gegenseitigen Übereinkunft entspricht und nicht brüskiert, lässt sich Vieles leichter sagen, oder so manche Situation entspannen. Nicht der Prozess des Verdrängens ist dabei entscheidend, sondern die Möglichkeit, verschiedenste Aspekte des Lebens – zu denen auch das Kranksein gehört – aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten, oder schwere Gedanken einfach für einen Moment los zu lassen. Wie viel sich dabei von Kindern lernen lässt, offenbart sich nicht nur in deren gelöstem Umgang mit den Klinikclowns, sondern auch darin, wie sie die Sicht auf ihre eigene Situation artikulieren.

Siegel lenkt den Blick der Leser darauf, dass Freude und angemessener Humor in vielen Lebenssituationen den Umgang der Menschen miteinander und mit ihren Belastungen erleichtern kann. „Humor ist nicht nur ein soziales Phänomen, sondern er hat auch Auswirkungen auf innerpsychische Verarbeitungsprozesse. Gerade für Menschen, die sich mit Krankheit, Leid und Schwerem konfrontiert sehen, kann Humor zu einer wertvollen Ressource werden. Er kann ein Lichtblick in schwierigen Situationen sein, der dazu beiträgt, diese zu bewältigen.“ (40) Sie erschließt damit ein Phänomen pflegewissenschaftlich, das in diesem Zusammenhang bisher wenig theoretische Beachtung fand. Immer wieder finden sich in den Medien Berichte über Klinikclowns in Kinderkrankenhäusern. Auch Lachschulen, in denen auf den ersten Blick scheinbar grundlos herzhaft gelacht wird, finden ihren Raum. Siegel vollzieht einen notwendigen Transfer, wenn sie sagt, dass auch in der Pflege Erwachsener der Humor seinen Platz finden sollte. Dies tut sie nicht ohne die notwendige Kritik und die Aufzeichnung von ethischen und persönlichen Grenzen. Ihre Erkenntnisse basieren auf Studien, die sich vorrangig im us-amerikanischen Raum finden.

Der Aufbau und die klare Struktur des als Diplomarbeit verfassten Textes wurde beibehalten. Der Blick auf theoretisch-wissenschaftliche Hintergründe erschwert das Lesen keinesfalls. Sinnvoll eingesetzte Praxisbeispiele und Erlebnisse schaffen den Transfer in den Pflegealltag. Hilfreiche Beispiele, wie das Humorzimmer oder der Gericlown erleichtern die Auseinandersetzung mit möglichen geplanten Einsätzen von Humor in der Pflege. „Humor >>passiert nicht einfach<<. Um etwas als humorvoll zu erleben, bedarf es der aktiven Teilnahme und Aufmerksamkeit des Einzelnen.“ (28) Da Änderungen in der Pflege gerade in der Ausbildung ansetzen, bietet Siegel auch Hinweise zur pädagogischen Umsetzung an. Einzelne Karikaturen bilden Heiterkeitsinseln.

Gesamteindruck:

Ein Lesevergnügen, ein Lernen am Kaminfeuer. Ein ansprechender Schreibstil und eigene reflektierte Erfahrungen mit Humor in der Pflege machen die fundierte Arbeit rund. Ein leichter Wehmutstropfen – der mit Humor zu nehmen ist - ist einzig der Preis.

Aus dem Inhaltsverzeichnis:

- Was ist Humor? Humortheorien

- Soziale und physiologische Funktionen und Effekte des Humors

- Bedeutung des Humors im Pflege- und Gesundheitswesen

- Voraussetzungen, Grenzen und Ziele einer humorvollen Pflege

- Möglichkeiten von „Humorinterventionen“; Vorschläge und Beobachtungen (wie Klinik-Clowns oder Lachkoffer und ihre Einsatzgebiete)

- Pädagogische Ansätze des Einsatzes von Humor in der Pflege

- Eine kleine Witzsammlung

Rezension von: Karo

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